Alles andere als Sand im Getriebe
er mittlerweile fünfte Silberling der Hamburger Musikschmiede O*Erdenstern liegt hier vor mir und plustert aus den Boxen. O*Erdenstern haben sich das Erschaffen von Klangwelten für Rollenspieler auf die Flagge geschrieben. Getreu nach dem Motto eine Bibliothek fantastischer Musik für das Abenteuer im Kopf, geht es nun mit Into the Gold in ferne, orientalische Welten. Dabei wird eine musikalische Brücke geschlagen zwischen asiatisch angehauchten Klängen und orientalischen Rhythmen. Dabei schaffen es die Hamburger die sonst, für europäischen Ohren etwas sperrigen Klänge zu einer Eingängigkeit verschmelzen zu lassen.
Into The Gold erzählt von einer fantastischen Reise in weite Ferne.
Ihr trefft auf fremde Kulturen und Gebräuche, schlagt euch mit anderem Klima, mystischen Wesen und Heimweh herum; alles riecht, klingt, schmeckt ganz anders als zu Hause. Ihr durchquert endlose Wüsten, passiert mächtige Gebirgsketten und atemberaubende Landschaften, ihr zieht in undurchdringliche Dschungel und steht vor prunkvollen Tempeln, Türmen, Pagoden und Palästen.
Kopfhörer? Check! Kaffee? Check!
Visuelles & Konzeptionelles:
Das Album ist wiedermal eine runde Sache. Der Aufbau überzeugt und die grafische Leistung ist wie üblich erste Sahne. Ich könnte mich jedes Mal über O*Erdensterns geniales Logo freuen, das überall passend eingesetzt werden kann, um aufzufallen aber nicht aufdringlich zu wirken. Besonders schön finde ich, dass diese Bildmarke sogar als Logo im Zeichensatz O* eingesetzt werden könnte. Das musste einfach mal gesagt werden.
Zurück zum Kern.
Das Booklet ist von gewohnt guter Qualität, auf glänzendem Bilderdruckpapier gedruckt. Ich meine, eine andere Grammatur des Papiers zu spüren als bei den Vorgängern. Briefwaage habe ich keine und gar so wichtig ist das auch nicht, als das ein Beweis erbracht werden müsste.
Grafisch kleidet sich Into The Gold in passende orientalische anmutende Bilderwelten, deren Spannweite von Gerenderten 3-D Grafiken über pastellfarbene Illustrationen bis hin zu Fotomontagen ein stimmiges Gesamtbild ergeben. Wie gewohnt finden sich für ausgewählte Themengebiete, wie etwa: Schauplätze, Begegnungen oder Reisen, Anspieltipps um passend untermalt zu werden.
O*Erdenstern beweisen hier mal wieder ein Gespür für Atmosphäre und überzeugen mit der vorgeschlagenen Auswahl.
Wie auch bei den vorhergegangenen Scheiben wird eine instrumentale Geschichte mit einem Anfang und einem Ende erzählt.
Die Namensgebung der einzelnen Tracks lässt einen klassischen Plotverlauf erahnen. Allerdings sind alle Tracks aus der Reihenfolge herausnehmbar und einsetzbar, dort wo sie gerade gebraucht werden.
Audiophiles:
Schön, dass alle Stücke geloopt werden können. Das heißt, ein erneutes Abspielen ist ohne harte Übergänge möglich. Into The Gold ist bislang das Album mit dem höchsten künstlerischen Niveau. Wie bei vielen orchestralen Alben auch, erschließt sich die Scheibe erst nach einer gewissen Zeit des Hineinhörens. Die einzelnen Tracks zu bewerten kann eigentlich nur höchst subjektiv von statten gehen.
Tragisch, klagend, tragend, wild, abwechslungsreich, atmosphärisch und episch, sind die Eigenschaften, an denen ich dieses Album aufhängen will. Ganz im Stile von Erdenstern selbst, die jedem Song kurze Stichwörter mit auf den Weg gegeben haben, um den Song zu bezeichnen. Beim Hören des Albums kommen mir so manche Ideen und allein dafür möchte ich den Dreien schon danken.
Einen Medley des ganzen gibt es im übrigen hier und einen Bonustrack hier.
- Incarnation (4:18) Ancient Prophecies Fulfilled – mystisch, stolz, mächtig
- Caravan Route (3:21) Entering A Strange World- ruhig, kraftvoll, stetig
- Bazaar (3:21) Hagglers And Mongers – lebendig, hektisch, geschäftig
- Meeting The Merchant (2:56) Trying To Remember The Exchange Rate – geschmeidig, verschlagen
- Hookah And Tea (3:15) Some Useful And Some Useless Information – tanzend, lebendig, fließend
- Into The Gold (3:11)Stepping Out Into The Open- heroisch, erwartungsvoll, kraftvoll
- The Desert (4:41) The Dunes All Look The Same – ruhig, drückend, endlos
- Sandstorm (2:29) One Of The Many Threats Here – mächtig, bedrohlich, hektisch
- A Flower In The Sand (3:25) A Local Beauty, An Oasis, A Delusion – ruhig, schön, anmutig
- Sons Of The Desert (3:19) They Know Their Way Around- stolz, entschlossen, treibend
- Mirage (2:49) Doubting Our Eyes – verlockend, unwirklich
- Make Way For The Prince! 3:06) And All The Royal Household -imposant, maschierend
- An Uncertain Fate (3:39) Doing What We Have To Do- treibend, bedrückend
- A Thousand Tales (3:50) We Will Add One – fließend, anmutig, lebendig
- The Jungle (3:19) Overgrown Paths- rhythmisch, bewegt, exotisch
- Snakes And Spiders (2:53) Stepped Into The Pit – hektisch, bedrohlich, eklig
- On Top Of The World (4:28) Treehouse Of The Gods – imposant, ergreifend
- Code Of Honour (2:26) Determined And Heavily Armed – rhythmisch, kämpferisch, stolz
- The Ceremony (3:32) Moved And Speechless- langsam, getragen, ruhig
- The Temple (3:57) Ancient And Holy – groß, feierlich, imposant
- Guardian (3:58) Now That’s A Giant Watchdog – riesig, gefährlich, brutal
- The Artefact (3:28) This Is What We Came Here For- ehrfürchtig, erwartungvoll
- Carpet Flight (4:16) Why Is The Way Home Always So Much Easier? – bewegt, kraftvoll, befreit
Klagend, tragend, mystisch, und geheimnisvoll nur um kurz darauf im orchestralen Bombast unterzugehen. Toller Einstieg!
Getragen und rhythmisch geht es dann weiter genau so muss für mich die Reise einer Karawane durch sengenden Wüstensand anhören. Düne um Düne bezwingend sich dem Ziel nähernd. Die eingesetzte Oboe setzt dem Song die Krone auf.
Geschäftiges treiben, Gaukler, Händler, volle Gassen, Gewürzhändler, Tiere all das in einem Song. Wunderbar. Passend. Auch wieder sehr schön rhythmisch und unglaublich an Schlangenbeschwörer erinnernd
Verschlagend, um den Finger wickelnd kommt der Song daher welcher einem das Geld nur so aus der Tasche zieht. Wunderschöne Zupfarbeit, die mich in Richtung Balkan blicken lässt.
Hier kommt die orientalische Kultur verstärkt zum Tragen. Viel Perkussion die sich mit getragenen leichten Melodien vereinen. Passt herrlich als universelles Musikstück.
Mächtige Bläser, namensgebender und beeindruckender Song. Kraftvolle Rhythmik, welche auf ein Ereignis hinarbeitet. Allein das Timing des Songs ist grandios. Da passt einfach alles.
Geheimnisvoll geht es hier weiter. Nach Into the Gold wird einem hier eine Vollbremsung verpasst. Die Erforschung eine Tempelanlage wäre wohl ein passendes Bild. Ein langsamer Spannungsaufbau, der sich in bedrückender Stimmung zeigt, in seiner Abwechslung beeindruckt nur um sich aufzuschaukeln um letztendlich … Toll!
Na toll Das musste ja kommen. Ein Sandsturm ist wohl so ziemlich das Letzte. Dafür aber gekonnt in Szene gesetzt. Der langsame bedrohliche Aufbau, das wilde Treiben der Instrumente passt wunderbar in die aufkommende Hektik eines nahenden Sandsturmes.
Getragene balladeske Melodien, die dem Hörer ums Ohr schmeicheln. Mit Erdensterns Worten ruhig, schön anmutend gelungen umschrieben
Aufbrechende Stimmung macht sich breit. Vielleicht so was wie eine beginnende Schlacht? Die klagende Oboe passt wunderbar zu den Zupfern und Streichern, die von der Rhythmussektion angetrieben werden, um letzten Endes aufeinanderzuprallen. Aufregend!
Eine klagende Frauenstimme leitet Mirage ein, welche sich als unwirklich äußert, ich höre da Neugier und Verlangen. Die Loreley müsste so geklungen haben.
Platz da! … und die Menge teilt sich. Die Pracht und Herrlichkeit eines vorbeiziehende Herrschers, gekonnt in Szene gesetzt.
Innerhalb der Reihenfolge kann die Stimmung als aufbrechend beschrieben werden. Schönes Stück, das wiederum universell einsetzbar ist für Szenen, in denen sich Spannung abzeichnet oder Bewegung angesagt ist. Die Männerchöre sind herrlich aufbauschend.
Trägt eine schöne von Streichern dominierte Stimmung bei die ich als episch empfinde.
Ein Track, mit dem ich nichts anfangen kann. Dschungelfeeling will sich bei mir nicht so recht einstellen.
Krabbelt, wuselnd und verstörend so stellt sich dieser Track dar. Bombastisch treibt er einen vorwärts. Perfekt für Fluchtszenen. Starkes Stück!
Damit hätte ich nun nicht gerechnet. Das Album schlägt eine deutliche asiatische Note ein. Befreiend schön, um imposante Landschaften zu beschreiben. Toller Wechsel!
So nun muss mal was zum Dreschen her. Dachten sich auch Erdenstern und komponierten dieses reißerische, rythmische, asiatisch angehauchte schnelle Stück voller Stolz, Kraft und Heldenmut. Death or Glory!
Den Toten zu gedenken. Tragende Rhythmen von klagenden Streichern würdigen die Toten.
Sakral wird es nun, noch leiser und anmutender. Aber auch hier bleiben wir in asiatisch angehauchten Gefilden. Was mit besonders gut gefällt sind die gutturalen Gesänge. Toll das so was in das Stück gefunden hat. Und damit meine ich nicht das shouten oder growlen aus dem Metal sondern den Kehlgesang wie er beispielsweise in der sibirischen Republik Tuwa, der Mongolei, in Tibet oder bei den Inuit gesungen wird.
Jetzt wird es dunkel, bedrohlich und gefährlich. Macht euch bereit. Erinnert mich an das Erscheinen eines dunkeln Wesens. Herrlich tragend und bedrohlich und auch hier liefern die Männerchöre wieder wunderbare Arbeit ab.
Der Auftakt zum Objekt der Begierde. Schön aufbauschend und ehrfurchtsvoll in Szene gesetzt. Erdensterns kreatives Potenzial scheint so groß zu sein, dass die Drei sich um alternative Enden zu diesem Track hinreißen ließen. …Of Doom, welcher schrecklich, endgültig sein soll und … Of Eternal Wealth der sich funkelnd, großartig präsentiert lässt sich die Szene noch anders untermalen. Diese Tracks sind für Besitzer der CD über die im Booklet befindliche Zugangsnummer herunterladbar. http://www.erdenstern.com/treasury/
Zum Schluss lassen es die O*Erdensterne dann nochmal richtig krachen. Per Dittman macht eine wirklich schlanke Figur als Vokalist! Das Stück leitet damit das Ende einer wirklich gelungenen CD ein.
Fazit:
Das Schöne an O*Erdenstern ist, dass Sie es wirklich schaffen filmische Dramaturgie zu vertonen und diese dabei universeller einsetzbar ist, als so mancher Filmsoundtrack, dessen Musik meist maßgeschneidert für eine bestimmte Szene ist. O*Erdenstern bleibt sich treu und die bombastischen Inszenierungen, wie sie mich bei Into the Dark etwas störten, sind hier so angebracht wie Sand in der Wüste.
Der sich mittlerweile eingependelte O*Erdensternsche Standard, qualitativ hochwertige Klangwelten zu erzeugen, wurde wieder einmal gehalten.
Auch wenn es wohl so einige passende Soundtracks zum Thema orientalische Musik gibt, darf dieses Album nicht in einer Reihe fehlen, die den Anspruch hat eine vollständige Bibliothek Fantastischer Musik zu erschaffen. Und genau dies Vorhaben lässt sich im Schaffen O*Erdensterns erkennen. Wer eine Sitzung oder gar eine Kampagne in Wüstenartigen oder orientalisch anmutenden Welten laufen lassen möchte dem sei dieser Soundtrack, zu Untermalung am Spieltisch wärmstens ans Rollenspielende Herz gelegt.
Toll gemacht!
Nach all der Sonne gibts jetzt erstmal ein Eis!
Apropo Eis.
Ich spekulierte nach Into the Dark schon auf die Farbgebung des kommenden Albums und war mit Into the Light schon nicht ganz falsch. Wenngleich sich Into the Gold natürlich um ein Vielfaches besser anhört und in das Gesamtkonzept einfügt.
Aber jetzt würde ich meinen wollen, dass Into the White kommt.
Falls, dann bitte, bitte macht es kalt, arschkalt, tannenbewachsen, bleich, keltisch und paganistisch bis zum Abwinken.
O*Erdenstern #5
Into the Gold
Erdenstern: Andreas Petersen, Eva-Maria Irek und Per Dittmann
Rollenspielmusik
April 2008
Gesamtspielzeit: 79:56 min.
Booklet:
12 Seiten, Klammerheftung, Bilderdruck, vollfarbig, Offset.
CD:
Compact Disc Digital Audio, Siebdruck.
Verpackung:
CD-Hardcover-Box/JewelCase transparent, Tray anthrazit.
14,99 €
Dominik Dießlin 22.06.2007